„Dann fahr’ ich halt Taxi“ oder „Dann fährst halt Taxi“ – ersteres resigniertes Aufbäumen von Jobsuchenden, letzteres guter Ratschlag wohlmeinender Freunde. Dass es aber nicht ausreicht, mit einem Auto kreuz und quer durch die Stadt zu kurven, ist vielen nicht bekannt. Da gab es im Frühling 2017 in Radio Salzburg in der Sendung „Mittagszeit“ eine Diskussion über ältere Arbeitnehmer. Es meldete sich auch ein Taxiunternehmer zu Wort, dessen Ausführungen zur Integration älterer Fahrer*innen mir gut gefielen – bis zu dem Satz, der mich fast an die Decke gehen ließ: „Was muss man als Taxifahrer schon großartig können? Gut Auto fahren halt.“
Neiiiiiin! Diese Worte trafen mein fürs Taxi schlagendes Herz mit voller Wucht! GENAU DA liegt nämlich das Problem! Es genügt halt nicht, gut Auto fahren zu können! So lange sich dieser Ansatz nicht ändert, nützt auch die von unserer Fachgruppe in der Wirtschaftskammer hochgelobte Qualitätsoffensive im Taxi nicht viel!
Das Taxigewerbe ist ein Dienstleistungsgewerbe
Bevor du überhaupt daran denkst, diesen Beruf zu ergreifen, solltest du dir bewusst sein, dass das Taxigewerbe zu den Dienstleistungsgewerben zählt! Höfliches Auftreten, gute Umgangsformen, Hilfsbereitschaft, Geduld, ein gepflegtes Erscheinungsbild und eine gewisse Allgemeinbildung sind ebenso wichtig wie eine angenehme und sichere Fahrweise. Du solltest auch nicht vergessen, dass du immer mit Menschen und all ihren guten und weniger guten Eigenheiten zu tun hast, auch mit Fahrgästen, die sich – auf Grund welcher Vorkommnisse immer – vielleicht in Ausnahmesituationen befinden. Taxilenker*innen werden ganze Lebensgeschichten anvertraut. Einfühlungsvermögen und Feingefühl sind unumgänglich! Schmäh? Natürlich, damit lassen sich manche Situationen entschärfen oder auflockern. Derbe Witze und untergriffige Bemerkungen sind jedoch absolute No-gos! Fluchen und Schimpfen neben den Fahrgästen ebenso! Dass Kurzstrecken von der Beförderungspflicht nicht ausgenommen sind, ist logisch! Eine unaufgeregte Gelassenheit ist von Vorteil, um sich weder von schwierigen Fahrgästen noch vom täglichen Wahnsinn auf den Straßen nerven zu lassen. Ja, gerne Auto fahren solltest du auch, immerhin sitzt du dann viele Stunden in deinem Taxi! Deine Deutsch-Kenntnisse sollten so gut sein, dass du Straßennamen richtig verstehen und schreiben (eventuell musst du sie in dein Navi eingeben) und dich mit deinen Kunden unterhalten kannst. Dein Englisch sollte passabel genug sein, um die Wünsche deiner Fahrgäste nicht nur erraten zu müssen und um grundlegende Dinge erklären zu können. Eine weitere Fremdsprache schadet ebenfalls nicht. Ach ja, Respekt, Höflichkeit und korrektes Verhalten enden nicht im Umgang mit den Kolleg*innen!
Und manchmal nervt es einfach
Es sollte dir aber auch von vornherein bewusst sein, dass Taxi fahren hin und wieder einfach nervt. Wenn du in vier Stunden gerade einmal zwei Fahrten machst. Wenn du eine ganze Schicht lang keine Fahrt über zehn Euro hast. Wenn du über Stunden hinweg kurze und kürzeste Strecken (vom Hanuschplatz zum Müllner Bräu, von der Lastenstraße zum WIFI, vom Makartplatz zum Rudolfskai etc.) gepachtet hast. Wenn du zwei Stunden oder länger am Makartplatz stehst, endlich eine Fahrt mit Ziel Akademiestraße bekommst und sich die Dame bei dir beschwert, weil du nicht über die rote Ampel fährst – ihr Kind kommt ja jetzt genau deswegen zu spät in die Schule (und nicht, weil sie verschlafen hat). Wenn deine Fahrgäste rücksichtslos sind, im Auto essen und ihre Spuren hinterlassen. Wenn Kinderfüße in schmutzigen und/oder nassen Schuhen auf der Polsterung herumtrampeln. Wenn du noch so hilfsbereit bist und trotzdem keinen Cent Trinkgeld bekommst. Wenn es wie aus Kübeln schüttet und du immer aussteigen musst, um deinen Fahrgästen mit dem Gepäck behilflich zu sein. Wenn du vier stockbesoffene Typen vom Hanuschplatz zum Bahnhof bringst und es in deinem Taxi danach wie in einer Schnapsbude stinkt. Oder wenn gar Schlimmeres passiert. Es gibt solche Tage, die einfach nicht deine sind. Davor ist niemand gefeit.
Taxifahren ist abwechslungsreich
Und trotzdem: Dieser Beruf ist nicht langweilig, sondern sehr abwechslungsreich. Du bringst deine Fahrgäste nicht nur von A nach B, sondern bist je nach Situation auch Salzburg-Guide, Fotograf, Event-Finder, Restaurantkritiker, Style-Coach, Detektiv, Seniorenbetreuer, Postillon d’amour, Navi-Ersatz, Lebensberater, Privatchauffeur, Geldwechsler, Hundesitter, Begleiter zum/vom Arzt, Tour-Guide, Psychotherapeut, Seelentröster, Klagemauer, Paartherapeut etc. Du kommst viel herum. Du lernst nette Menschen kennen und hast immer wieder besonders herzliche Begegnungen. Du erlebst morgens, wie die Sonne auf- und abends, wie sie untergeht. Wenn deine Fahrgäste mit dir zufrieden sind, fragen sie nach deiner Telefonnummer, und so baust du dir deinen Stammkundenkreis auf.
Soweit alles klar? Du willst tatsächlich diesen Beruf ergreifen? Dann kannst du dich zum Vorbereitungskurs für die Taxilenker-Prüfung anmelden. Ja, du musst eine Prüfung ablegen – viele wissen das bis heute nicht und denken, sie könnten sich einfach hinters Steuer eines Taxis setzen. Du meldest dich also im WIFI zum Kurs an, und dann steht lernen, lernen und nochmals lernen auf dem Programm. Vergiss auch nicht, den Ortskunde-Kurs zu belegen, denn die erste Frage bei der Prüfung wird lauten, ob du an diesem teilgenommen hast.
Und hier decken sich meine Ansichten absolut nicht mit den Vorgaben der Fachgruppe in der Wirtschaftskammer! Als Unternehmerin und potentielle Dienstgeberin zählen für mich vor allem die oben angeführten Eigenschaften – DIESE machen die Mitarbeiter*innen aus, die dann mit den Menschen im Taxi zu tun haben. Natürlich sind die Ortskenntnisse und Grundlagen der Geschichte Salzburgs wichtig, aber was nützt es, alles auswendig lernen zu müssen, wenn man gewisse Straßennamen und Jahreszahlen oft jahrelang nicht braucht? Taxi fahren ist learning by doing – und nur durch das tägliche Fahren festigen sich die Kenntnisse. Mein schon lange verstorbener Onkel Florian hatte einen klugen Spruch: „Bled derfst sein, oba z’helfn muasst da wissn!“ Der Satz bringt es auf den Punkt, denn wir haben einige Hilfsmittel, um ans Ziel zu gelangen: Das gute alte Straßenbuch und den Stadtplan, das Navi, die Kolleg*innen – und oft auch die Fahrgäste.
Taxifahren macht Freu(n)de
Doch nun ist es soweit. Du hast fleißig gelernt und die Prüfung auf Anhieb geschafft – gratuliere! Du siehst den Beruf des Taxifahrers als Berufung (davon leitet sich ja auch das Wort Beruf ab) und nicht nur als Notlösung. Und du bewirbst dich nun gerade bei mir. Okay. Wenn du bei mir zu fahren beginnen willst, teste ich ZUERST deine menschlichen Qualitäten und empathischen Fähigkeiten, dann erst die Ortskenntnisse. Was macht es für ein Bild, wenn du dich zwar in der Stadt bestens auskennst, aber den Fahrgästen gegenüber ein unhöfliches Benehmen an den Tag legst, unordentlich daherkommst, nicht hilfsbereit bist oder durch die Straßen rast? Nein, mir ist dein höflicher Umgang mit den (Stamm-)Kund*innen und deine sichere Fahrweise wichtiger. Ich sag’ dir folgendes:
Wenn ein Fahrgast ein Ziel nennt, das du nicht kennst bzw. bei dem du nicht sicher bist, fahr bitte nicht planlos durch die Gegend, das verärgert die Kundschaft! Sag ruhig, dass du ein Neuling bist und gib zu, etwas nicht zu wissen. Mit Sicherheit hilft er oder sie dir gerne weiter. Oder gib die Adresse ins Navi ein, bevor du losfährst. Oder ruf mich an – mir ist viel lieber, du fragst zehnmal zu viel als einmal zu wenig! Und so erweiterst du deine Kenntnisse Tag für Tag. Nobody is perfect, und es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen – schon gar kein perfekter Taxifahrer!
Meine Antwort auf die Titelfrage ist ein klares Nein. Nicht jede*r kann als Taxilenker*in arbeiten! Wenn die persönliche Einstellung nicht passt, wird das nichts. Aber du? Du bist immer noch davon überzeugt, dass das der richtige Beruf für dich ist? Sehr gut. Dann wünsch’ ich dir viel Erfolg und geb’ ich dir noch einen Satz aus meiner jahrelangen Erfahrung mit:
Taxifahren macht Freu(n)de!