Ein wacher Blick, dem nichts entging. Feine Antennen und eine ganz besondere Menschenkenntnis. Eine Ausstrahlung, der sich kaum jemand entziehen konnte. Dunkelbraune Augen, die dir bis ins Herz schauten; zum Dahinschmelzen. Eine imposante Erscheinung; groß, schlank, sportlich, durchtrainiert. Gerne zu Späßen aufgelegt, aber auch streng, wenn es sein musste. Prädestiniert für den Job als Head of Human Resources.

Den Job als Personalchef gab ich ihm, ohne mit meinem damaligen Partner – wir betrieben ein großes Salzburger Autobus-, Taxi- und Mietwagen-Unternehmen – Rücksprache zu halten. Als ich ihm erklärte, einen Personalchef eingestellt zu haben, fragte er nur: „Wen?“ „Du kennst ihn doch eh“, antwortete ich, „er ist hier“.

Ich deutete auf meinen Hund, der sich sofort – seiner neuen Position gemäß – aufrecht hinsetzte und uns erwartungsvoll anblickte. Hektor, ein Schäfer-Setter-Mischling aus dem Tierheim, begleitete mich von 1991 bis 2004. Vorerst war mir gar nicht so sehr bewusst, dass seine Menschenkenntnis ziemlich beeindruckend war. Ich bemerkte zwar, dass er manche unserer Mitarbeiter immer freundlich bis stürmisch begrüßte und andere – aus welchen Gründen auch immer – definitiv nicht mochte.

Wir brauchten stets gute Chauffeure für die Reisebusse, für die Kleinbusse und für die Taxis. Leider erwiesen sich viele Fahrer als sprichwörtliche Nieten – Unverlässlichkeit oder Unregelmäßigkeiten bei den Abrechnungen kamen leider immer wieder vor. Hätte ich bloß von Anfang an meinem Hund vertraut, denn die Personen, mit denen es Probleme gab, waren immer die, die Hektor von Anfang an nicht mochte. Dann sah ich im Fernsehen einen Bericht über einen bayerischen Unternehmer und seinen Rauhaardackel. „Der stellt die Leute ein“, erklärte der Firmenchef schmunzelnd. Ich horchte auf. „Was der kann, kann Hektor schon lange!“, rief ich aus.

Von da an war mein Hund tatsächlich bei jedem Vorstellungsgespräch dabei. Ich beobachtete nicht nur, wie Hektor auf den Bewerber reagierte, sondern auch, wie sich der potentielle neue Mitarbeiter dem Hund gegenüber verhielt. Stimmte die Chemie zwischen den beiden, bekam der Fahrer die Stelle. Zeigte Hektor jedoch nur das geringste Anzeichen von Antipathie, lehnte ich die Bewerbung ab. Von da an gab es nie wieder Personalprobleme.

Einige Male wurde ich von Kollegen angesprochen, die mir von Reibereien mit diesen oder jenen Fahrern erzählten und wussten, dass diese sich zuvor bei mir beworben hatten. „Warum haben Sie den XY nicht eingestellt?“ oder „Warum hast du den XY nicht genommen?“ Die Blicke waren unbezahlbar, wenn ich antwortete: „Mein Hund ist der Personalchef, er hat sich gegen eine Einstellung entschieden.“