Ein zweiter Taxi-Tuesday-Beitrag heute? Ja, leider ein trauriger, denn heute habe ich erfahren, dass Herr O. gestorben ist.
 
Er war einer der ersten Patienten, die ich im Rahmen der Patientenbeförderung zur Therapie und wieder zurück brachte. Erst im Auftrag einer Kollegin, dann fix auf meine Rechnung. Dreimal pro Woche, Montag, Mittwoch und Freitag, sechs Jahre lang. Als ich ihn am 4. Jänner nach der Dialyse zu Hause abgesetzt hatte, verabschiedeten wir uns wie immer. Ich wünschte ihm gute Besserung, weil der alte Herr einige Tage zuvor gestürzt war. Am Montag in der Früh, ich war ein paar Minuten früher da als vereinbart, kam seine Schwester zu meinem Taxi. „Mein Bruder ist im Krankenhaus“, erklärte sie, „ich weiß nicht, wie lange er bleiben muss.“
 
Ich erkundigte mich alle paar Tage bei ihr nach dem Befinden des Patienten. „Mein Bruder wird nicht mehr nach Hause kommen“, seufzte sie, „er liegt im Sterben. Er mag nicht mehr.“ Das war Anfang Februar; es traf mich sehr. Ich mochte Herrn O., auch wenn er ziemlich brummig und eigensinnig sein konnte. „Raue Schale, weicher Kern“, auf kaum jemanden traf das so zu wie auf ihn. Wir kamen gut miteinander aus. Er wusste, dass ich, so weit es mir möglich war, auf seine Terminwünsche einging, dafür war er kooperativ, wenn es um kleinere Dispositionsänderungen meinerseits ging. Private Taxifahrten bucht er ebenfalls bei mir. „Ich kann mir ja auch ein anderes Taxi rufen, aber wenn Sie Zeit haben, fahre ich lieber mit Ihnen“, meinte er. Von seinen Schrannenbesuchen brachte er mir jede Woche Buchteln oder im Sommer Obst mit. Wenn ich ihm hin und wieder eine Fahrt nicht verrechnen wollte, weil sein Ziel sowieso auf meiner Strecke lag, sträubte er sich jedes Mal, bevor er das annahm. Andererseits freute er sich über die kleinen Aufmerksamkeiten, die ich ihm wie allen meinen Stammkund*innen zu den Feiertagen überreichte. Und er strahlte, wenn ich ihm zum Geburtstag gratulierte. Nun ist Herr O. gegangen. Dass er nach so langer Zeit nie mehr in meinem Taxi Platz nehmen wird, macht mich traurig. Er wird mir fehlen, der Herr O.