Das werde ich oft gefragt. Und darauf folgt meistens die Feststellung: „Du sitzt ja eh nur im Auto und bringst deine Fahrgäste von einem Ort zum anderen.“ Ja, das ist die landläufige Meinung in der Öffentlichkeit über unseren Beruf. Die gilt nicht einmal für angestellte Chauffeur*innen, denn auch die müssen selbständig denken und flexibel reagieren. Und schon gar nicht gilt sie für Unternehmer*innen!

Ja, was mache ich den ganzen Tag? Viel mehr, als du denkst, denn wenn du mich draußen auf den Straßen siehst, siehst du quasi die Spitze des Eisbergs – die Taxilenkerin hinter dem Steuer ihres Taxis. Um beim Eisberg (nein, so kalt bin ich nicht) zu bleiben: Im Vergleich zu dem Bereich, der unter Wasser verborgen bleibt, ist die sichtbare Spitze nur ein kleiner Teil. Als „One-Woman-Show“ bin ich für alles verantwortlich – Auftragsannahme, Disposition, Fremdvergabe der Fahrten, Networking, Auftragsabwicklung, Abrechnung, Akquisition, Ideenfindung, Public Relations, Marketing, Social Media, gewerberechtliche Belange, Finanzen, Buchhaltungsvorbereitung, Fahrzeugsicherheit und und und. Natürlich habe ich meine Helferlein. Ohne mein Kollegennetzwerk könnte ich viele Aufträge gar nicht annehmen bzw. durchführen. Ohne meine Grafikdesignerin, die meine Ideen professionell umsetzt, wäre ich aufgeschmissen. Ohne meine Buchhalterin, die die vorsortierten Belege in eine ordentliche Buchhaltung umwandelt und finanztechnisch aufbereitet, wäre ich im Steuerdschungel verloren (mit Worten konnte ich schon immer besser umgehen als mit Zahlen). Trotzdem bleibt – abgesehen vom Fahren – noch immer genug übrig, um einen Tag von früh bis spät auszufüllen. Meistens mit dem ganz normalen Wahnsinn als Begleiter … J

Hier ein Beispiel:

04:30: Der Wecker läutet. Auf „Schlummern“ schalten. Noch eine Viertelstunde, bitte!

04:45: Der Wecker läutet erneut. Aufstehen. Übliche Morgenroutine.

05:35: Ab ins Taxi. So ein wunderbarer Morgenhimmel; die Belohnung fürs frühe Aufstehen!

05:45: Geschäftskunde 1 (Herr K.) zum Flughafen.

06:20: Patientin 1 (Frau S.) zur Onkologie.

06:50: Patient 2 zur Dialyse (Herr St.). Wo bleibt er denn? Ah, da kommt er.

07:10: Patientin 3 zur Dialyse (Frau K.).

07:30: Schnell auf einen Kaffee und ein Croissant in die Bäckerei.

08:15: Privatkundin 1 (Frau Z.) zur Physiotherapie. Aha, neue Straßenbaustelle auf der Strecke.

08:35: Endlich eine Stunde Zeit für Notizen, Telefonate und ein paar kurze Erledigungen.

09:40: Rückfahrt Privatkundin 1 (Frau Z.).

10:00: „Raubtierfütterung“ = Tanken; der Treibstoff ist wieder teurer geworden!

10:30: Privatkundin 2 (Frau Sch.) zum Friseur. Und: „Können wir bitte noch zur Apotheke fahren?“

11:00: Patient 2 von der Dialyse (Herr St.) nach Hause.

11:20: Patientin 1 (Frau K.) von der Dialyse nach Hause.

11:45: Abholung Privatkundin 2 (Frau Sch.) beim Friseur und beim Restaurant absetzen.

12:10: Ab in die Waschanlage. Danach Dispositionsliste ergänzen. Telefonieren. Fahrten vergeben.

13:35: Geschäftskundin 2 (Frau R.) zum Flughafen.

14:10: Patientin 1 (Frau S.) von der Onkologie nach Hause.

14:30: Privatkundin 2 (Frau Sch.) vom Restaurant nach Hause.

15:15: Email-Check – neue Aufträge in Disposition einarbeiten. Telefonieren. Termine vereinbaren.

16:00: Kaffee bitte!!

16:35: Geschäftskunde 3 (Herr H.) zum Bahnhof. Warum staut es sich hier?

17:50: Geschäftskunde 1 (Herr K.) vom Flughafen abholen; Maschine hat natürlich Verspätung!

18:00: Kollege ruft an: „Gehen wir auf einen Kaffee?“ – „Bin noch am Flughafen, melde mich dann.“

18:20: Flug von Geschäftskunde 1 (Herr K.) landet; Rückfahrt.

19:00: Kaffee mit dem Kollegen.

19:45: Ab nach Hause!

20:00: Tagesbericht abschließen. Mich bedanken, dass der Tag gut über die Bühne gegangen ist.

20:15: Noch schnell eine Kleinigkeit essen.

20:30: Büroarbeit: Belege sortieren und abheften, Emails schreiben, Änderungen einplanen.

23:00: Genug für heute. Wecker für morgen stellen. Abendroutine.

23:30: Schlafen gehen.

So sehen viele meiner Arbeitstage aus. Manchmal gehe ich noch früher aus dem Haus, manchmal auch erst später. Hin und wieder stehe ich in der Zeit zwischen den bestellten Fahrten auch am Taxistandplatz, aber bevor ich an vorderster Stelle bin, muss ich eh schon wieder wegfahren, weil eine bestellte Fahrt ansteht. Manchmal habe ich nacht noch eine Abholung am Flughafen von der Spätmaschine aus Frankfurt. Jedenfalls – und das ist macht den Job spannend – sieht jeder Tag anders aus. Und ja, genau deswegen liebe ich meinen Beruf!